Die §§ 104, 105 SGB VII regeln Haftungsausschlüsse bei Schadenersatzansprüchen wegen Personenschäden infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit.
§ 104 SGB VII schließt Schadensersatzansprüche aus, die Versicherte wegen des durch einen Versicherungsfall erlittenen Personenschadens gegen den Unternehmer haben, sofern der Unternehmer nicht vorsätzlich gehandelt hat. Der Haftungsausschluss gilt allerdings nicht für einen „Wegeunfall“ gemäß § 8 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 SGB VII. Hat der Versicherte den zum Betrieb zu rechnenden Gefahrenbereich verlassen, wird er als „normaler Verkehrsteilnehmer“ behandelt und kann also auch den Ausgleich von Personenschäden verlangen.
§ 105 SGB VII dehnt die Haftungsfreistellung des § 104 SGB VII auf andere im Betrieb tätige Personen aus.
Als Begründung für diesen Haftungsausschluss bzw. die Haftungsausschlüsse werden im Wesentlichen zwei Argumente angeführt:
- Die gesetzliche Unfallversicherung werde als einziger Zweig der Sozialversicherung allein durch die Unternehmer finanziert. Daher sollen die Unternehmer und die Sozialversicherung nicht auch noch auf Schadenersatz für Personenschäden in Anspruch genommen werden können.
- Streitigkeiten um die Ersatzpflicht zwischen Unternehmer und versicherten Beschäftigten um die Ersatzpflicht sollen verhindert werden. Der Betriebsfrieden solle gewahrt werden (Betriebsfriedensprinzip).
Die oben genannten Regelungen zu den Haftungsausschlüssen sind nicht deckungsgleich mit dem zivilrechtlichen Schadenersatzrecht. Deshalb sind die Regelungen auch nicht unumstritten. Ereignet sich im Betriebsbereich ein „normaler“ Verkehrsunfall, sind Schmerzensgeldansprüche ausgeschlossen. Ereignet sich der Unfall außerhalb des Betriebsgeländes, gilt dies nicht. Eine „tiefere Begründung“ hierfür gibt es nicht. Dem Zivilrecht ist ein deratiger vollständiger Haftungsausschluss fremd.
Die Konsequenzen der oben genannten Regelungen sind enorm. Dies ist zwar auf den ersten Blick nicht direkt ersichtlich. Ein versicherter Arbeitnehmer kann aber ggf. von einer Berufsgenossenschaft und dem Unternehmer kein Schmerzensgeld erlangen, weil die oben genannten Regelungen den Haftungsausschluss bestimmen.
Michaela Schilling meint
Sehr geehrter Herr Sönke,
ich hatte einen Autounfall in einem Dienstfahrzeug als Beifahrerin auf dem Weg von zu Hause zu einer Dienstreise. Die KFZ Versicherung will füR meine Privatschäden nicht aufkommen (Klamotten, Schmerzensgeld…), da es ein haftungsausschließender Arbeitsunfall wäre. Wenn ich den Text richtig verstehe gilt der § nicht für einen Wegeunfall. Können >Sie mir einen Rat geben?
Vielen Dank
MfG M. Schilling
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Frau Schilling,
sollte es sich um einen Wegeunfall im Sinne des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts handeln, so ist Ihre Berufsgenossenschaft zum Ersatz des Personenenschadens verpflichtet.
Sachschäden sowie auch Schmerzensgeld muss allerdings ihre Berufsgenossenschaft nur im Ausnahmefall zahlen.
Ich verstehe nicht ganz, inwiefern welche Kfz-Versicherung für bestimmte Schäden nicht aufkommen will. Derjenige Schädiger, der den Unfall und die Schäden schuldhdaft verursacht hat, ist Ihnen zum Eratz verpflichtet. Dies gilt auch für die Kfz-Versicherung. Also: derjenige, der den Unfall und den Schaden schuldhaft verursacht hat (und dessen Versicherung) sind Ihnen zum Ersatz der Ihnen entstandenen Schäden verpflichtet.
Grüße
S. Dorothea meint
Sehr geehrter Herr Nippel,
wie sieht es bei einem Arbeitsunfall mit Schmerzensgeld aus, wenn eine andere Firma auf einer Baustelle den Unfall (grob?) fahrlässig herbeigeführt hat.
Hierbei wurde ein Stück einer Betonkernbohrung unter einer Plane liegengelassen. Ein Mitarbeiter einer Zimmerei ist draufgetreten, das Stück ist weggerollt und er hat sich einen Kreuzbandriss zugezogen . Nun fällt er für mindestens drei Monate aus.
Kann man bei Betonbaufirma Schmerzensgeld verlangen?
Mit freundlichen Grüßen
S. Dorothea
Rechtsanwalt S. Nippel meint
Hallo Dorothea,
meines Erachtens muss geprüft werden, ob „die andere Firma“ gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII von der Haftung freigestellt ist:
§ 105 SGB VII dehnt die Haftungsbeschränkung für Unternehmer nach § 104 SGB VII auf andere im Betrieb tätige Personen aus. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsfall durch eine betriebliche Tätigkeit dieser Personen verursacht wurde. Damit ist in 1. Linie die versicherte Tätigkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gemeint. Personen, die nicht betriebsbezogen für das Unternehmen tätig sind, werden nicht nach § 105 SGB VII haftungsbefreit. Es spricht also einiges dafür, dass „die andere Firma“ auf der Baustelle nicht privilegiert bzw. von der Haftung freigestellt ist. Die Betonkernbohrung auf dem Bau ist nicht für die Zimmerei tätig geworden.
Grüße
Nadi meint
Sehr geehrter Herr Nippel,
Mein Mann hatte seit letztem Jahr innerhalb 6 Monaten Abstand 2 Arbeitsunfälle.Bei Unfälle sind in verschiedenen Firmen passiert.
Erste Unfall mit Hochdruckreiniger 600 bar den rechten Fuß geschossen.Weichteildefekt rechter Fuß,Traumatische Strecksehenruptur rechter Fuß anschließend wurde er 3 mal operiert.
Sechs Monaten später zweiter Arbeitsunfall ebenfalls in einer Fremdfirma diesmal verursacht der Arbeitskollege(Sicherheitsaufbetragte)mein Mann.Beim Reinigen der Rohre von der Maschine schaltet der Arbeitskollege beide Startknöpfe obwohl er wusste das mein Mann hinter der Maschine war.Mein Mann bekam aus dem 3 Rohren Sâure und heißes Wasser aufs Auge Oberkörper komplett und beide Unterschenkel waren betroffen (Verätzungen).Nun seit letztem Jahr Dezember haben wir uns einen Anwalt ausgesucht.Der Arbeitgeber lehnt schmerzensgeld/Schadenersatz ab und hat alle Unterlagen an seine Haftungspriveleg/Berufsgenossenschaft geschickt aber bis heute tut sich nichts.Meine Frage was passiert jetzt oder was muss ich jetzt machen?
LG Nadi